Der Kreis hat sich geschlossen

…und wir haben wieder Elbwasser unter dem Kiel.

Doch eines nach dem anderen. Erst mal den Rest des MLK, bis zum Abzweig des ESK (Elbeseitenkanal). Wir passieren die Stelle, an der die „Sonderabladung“ abgewickelt wurde, für die gestern der Kanal gesperrt wurde. Gegenüber der Einfahrt zum ESK gibt es eine sehr schöne freie Liegestelle, und wir hatten wieder den schönsten Platz, den hintersten mit der besten Aussicht.

Weiter vor uns liegt ein äußerst schmuckes Wohnschiff im Penichenmaß, ganz neu oder jedenfalls auf höchstem Niveau neu restauriert und ausgebaut. Darauf wohnt die Familie Westphal, die nach 40 Jahren als Berufsschiffer wohl nicht ohne Wasser unter ihrer Wohnung auskommen. Und wer Lust hat, mal einen wirklich lebendigen Blog voller erstklassiger Fotos aus dem Leben einer Berufsschifferfamilie zu lesen, der das Leben, die Fahrten und auch die Technik lebhaft vor Augen führt, der sollte sich ihren Blog über ihr Leben auf und mit der Therese anschauen. Vielen Dank dafür!

Am nächsten Tag dann geht es hinein in die „Heideautobahn“, auf dem letzten Bild rechts ab.

Wir lassen noch ein Berufsschiff vor – das erweist sich als Fehler, denn es fährt nur 9,6km/h, wir müssen also lange Zeit hinterher tuckern. Aber wir wollen auch nur 20km vorankommen, und dort schon wieder an eine Liegestelle. Für den ESK wollen wir uns viel Zeit lassen. Erstens, weil wir sie nun haben, zweitens, weil das Fahren auf dem ESK langweiliger ist als auf irgendeiner anderen Wasserstraße der letzten zwei Jahre, drittens, weil er aber andererseits durch eine wunderschöne Landschaft führt. Auf den ersten 20km kann man die auch noch vom Kanal aus wahrnehmen, denn er liegt oberhalb der Umgebung, vom Oberdeck aus schweift der Blick oft weit über die Kiefernwälder, deren Duft zugleich die Nase erfreut. Der Blick geht hinab zum Tankumsee, auf gelegentliche Heideflächen, auf kleine Gehöfte. Die Nachtliegestelle dann im Nirgendwo.

Aber nur 20km von Gifhorn entfernt, wo wir am nächsten Tag hinradeln und das „internationale Mühlenmusuem“ besuchen. Eine ganze Sammlung von Mühlen aus verschiedensten Regionen Europas, zumeist als Detailgenauer Nachbau der dortigen Originale. Das spannende neben den Mühlen selbst: Das ganze Museum wurde erfunden, gebaut, finanziert von einem Privatmann, einem gelernten Dekorateur, dem es in den Schaufenstern von Karstadt zu langweilig wurde. Der ist heute weit über 80, wohnt aber immer noch in einer schicken Villa inmitten des Museumsgeländes. Nur so nebenbei hat er auch noch eine russisch-orthodoxe riesige Holzkirche nachgebaut, den Glockenpalast als internationales Kunsthandwerkerzentrum mit Friedensglocke, das kein geringerer als Herr Gorbatschow eingeweiht hat, und zurzeit hat er in seiner Werkstatt ein Modell der Arche Noah konstruiert, die er nun in Originalgröße nachbauen will. Was für ein Visionär!! Allerdings braucht das Museum auch offensichtlich einen neuen visionären Nachfolger, das ganze wirkt inzwischen etwas angestaubt und aus der Zeit gefallen – genau wie die Internetseite.

Nach einer zweiten Nacht geht es weiter, dieses Mal 50km auf dem ESK. Wirklich eine Autobahn, einfacher ist das Fahren nirgendwo, langweiliger auch nicht. Man merkt, dass dieser Kanal eben nicht aus Kaiser Wilhelms Zeiten stammt, sonder vom Reißbrett der Ingenieure der 70er-Jahre. Damals waren die Berufsbinnenschiffe aber noch maximal 80m lang, heute sind sie bis zu 220m.

Die Ufer und deren Böschungen aus dunkelgrauen Wasserbausteinen wie mit dem Lineal gezogen, keine Fernsicht mehr, da der Kanal nun eher in leichten Einschnitten läuft, und es geht stundenlang nur geradeaus, wenn mal eine Kurve kommt, dann nur um wenige Grad. Für die gelegentlichen Berufsschiffsbegegnungen ist immer reichlich Platz (die auf den Bildern sind von einer Brücke aus fotografiert – man beachte die gute Voraussicht des Containerschubers, der gerade wieder wegen der Brücke, auf der wir für das Foto stehen, das Fahrerhaus abgesenkt hat). Wir verkürzen uns die Langeweile mit munterer Latinomusik vom USB-Stick.

Etwas spannender wird es dann in Uelzen, die dortige Schleuse macht immerhin einen Hub von 23m, sie wurde mittlerweile erneuert und hat nun 220m lange Kammern. Das sieht von unten wirklich gewaltig aus. Das erste Bild zeigt die Schleuse noch in der Ferne, ganz ohne die früher üblichen prunkvollen Bauten an der Einfahrt. Das zweite Bild zeigt ganz oben das Tor, dass zur Einfahrt der Schiffe nach unten gedreht wird und dann den Kanal oben zur Kammer hin absperrt. Der „Tunnelblick“ in die Wolken zeigt einen der Schächte, in denen die Schwimmpoller laufen.

In Uelzen haben wir uns dann zum ersten Mal seit 14 Tagen wieder eine Nacht im Hafen gegönnt. Der ist recht schön, als Gastlieger liegt man nicht in eine Box gepfercht, und preisgünstig ist er auch. So lange waren wir noch nie ohne Hafen! Aber es hat uns an nichts gefehlt. Mit frisch gefülltem Wassertank ging’s weiter Richtung Elbe, mit zwei weiteren Nächten an kleinen freien Liegestellen mit ausgedehnter Radtour auf der Suche nach Heide – aber mehr als die auf dem Bild haben wir nicht gefunden, dafür schöne Wälder und Dörfer. Die Tour zog sich nachher allerdings weit länger als gedacht, und so kamen wir recht geschafft zurück zu Elodie. Da hilft ein erfrischendes Bad.

Weiter ging’s mit zwei weiteren Nächten an einer freien Liegestelle zum Hebewerk Scharnebeck. Damals, in den 70ern, der ganzer Stolz wasserbaulicher Ingenieurskunst, ist es heute erstens überholungsbedürftig, weshalb zuletzt die Ostkammer, und nun die Westkammer für jeweils drei Jahre gesperrt sind, und zweitens erneuerungsbedürftig, weil die Fahrstuhltröge nur 100m lang sind. Das bedeutet, dass die heutigen Schubverbände aus maximal zwei Einheiten von je 83m Länge bestehen dürfen, für die Schleuse müssen sie auseinandergekuppelt und in zwei Durchgängen geschleust werden. Da nur eine Kammer in Betrieb ist und jedes Auf und Ab zusammen ca. 45min. dauert, ist das Hebewerk inzwischen ein echtes Nadelöhr mit Staupotential geworden. Zum Glück passen wir als Sportboot noch so eben hinter ein typisches 83m-Schiff, aber auch immer nur eines.

Der nun geplante Ersatz für dieses Hebewerk soll wieder eine klassische Schleuse werden. Aber das wird dann die tiefste Europas – doppelt so tief wie die Schleuse Uelzen – 38m. Wie man sich darin wohl ganz unten vorkommen wird!? Hier wird sie bereits als Jahrhundertbauwerk gefeiert. Baubeginn 2026. Fertigstellung??

Bald nach dem Hebewerk geht es dann auch hinaus in die Elbe. Immer wieder schön, diese Horizontweitung, wenn man aus einem Kanal in einen großen Fluss einbiegt. Wir fahren in den Hafen Artlenburg ein, verwerfen diesen aber wieder, weil man dort nur zwischen Dalben liegt, wir aber uns schon auf einen Hafen festlegen wollen, an dem wir in ein paar Wochen das Boot ausladen können. Das geht über den Bug gar nicht. So fahren wir nach Lauenburg in die Marina, die uns auf andere Weise erschreckt: Statt 15 Euro wie im letzten Jahr wollen sie nun gleich 25 Euro. Und gleich noch 80ct/kWh für den Strom. Und noch 1€ für’s Duschen und noch 50ct für jeden Toilettengang. Das ist wirklich einsamer Rekord, dabei ist der Hafen weder schön noch in schöner Umgebung. Nun gut, diese Nacht bleiben wir, bei dem nachmittäglichen starken Regen mögen wir nicht weiterfahren, aber zur Bootsübergabe taugt auch dieser Hafen nicht – zwar gibt es gute Stege, aber der Weg zum Parkplatz ist wieder sehr weit und umständlich. Und heute geht’s dann auch gleich weiter Richtung Lübeck und Ostsee.