Die Unwetter-Corona-Klemme

Vorweg, uns geht’s gut, und wir liegen in einem sicheren kleinen und sympathischen Hafen ein paar Schleusen oberhalb der Saar. Diese ergießt sich einige Meter unterhalb des Kanals über Felder und Wiesen, kann uns aber nichts tun. 10km weiter, an der deutschen Grenze, endet der Kanal und wir müssten in die freifließende Saar einfahren, was zurzeit unmöglich ist.

Gut, dass wir diese Strecke gewählt haben, wer weiß, wo am Rhein wir sonst jetzt an Land gespült worden wären…

In Auxerre hatten wir einen australischen Bootsnachbar, Pinto, der in seinem Boot gleich neben dem unseren überwintert hatte und uns immer mal bestätigt hatte, dass es Elodie gut geht. Als wir nun im Mai in Auxerre aufgebrochen sind, entstand spontan die Idee, dass er unseren Sprinter für einige Wochen benutzen und bewohnen kann, um einige Ziele in Nordfrankreich und Westdeutschland zu besuchen, die ihn sehr interessierten. Das tolle an der Idee war, dass er uns dann irgendwo das Auto zurück übergeben würde, wo wir es wieder brauchen. Das passt nun genau mit unserer Situation zusammen:

Wir wollen und sollten dem Rhein und Mosel noch ein bisschen Zeit geben, wieder zu normalen Pegeln zurückzukehren, bevor wir uns da lang trauen. In dieser Zeit können wir erledigen, was wir von Anfang an geplant hatten für den Zeitpunkt, zu dem wir mit dem Boot wieder in Deutschland sein würden. Der Plan ist, mit unserem Sprinter für ein bis zwei Wochen nach Hause, also nach Schleswig-Holstein zu fahren, einige Dinge zu erledigen, und den Sprinter dann dort zu lassen. Zurück dann zum Boot im Mietwagen oder per Bahn. Nun sind wir zwar doch noch in Frankreich, aber nur 10km von Deutschland entfernt. Das heißt, die Rückkehr mit dem Mietwagen ist einfach zu organisieren (grenzüberschreitend ist das nahezu unmöglich oder unfassbar teuer).

Der Hafen ist zudem außerordentlich preisgünstig und gut umzäunt und bewacht. Wir haben sehr viel Glück, dass wir dort noch einen Platz bekommen haben. Noch vor vier Tagen hatten wir keine wirkliche Idee, wo wir das Boot lassen könnten, vor drei Tagen trafen wir dann einen bootreisenden Hafenmeister des ersten Hafens in der Saar, der uns herzlich einlud, es bei ihnen zu lassen, vor zwei Tagen erwies sich das schon wieder als unmöglich, weil dort ein Schiff, das abreisen sollte, von einem großen Baum untertrieben wurde, der erst mit THW-Hilfe herausgezogen werden muss, und das nun erst mal herausgekrant und auf Schäden untersucht werden muss, zudem treibt so viel Holz in der Saar, dass man da gar nicht fahren kann, zudem ist Anlegen in der Strömung und den Wirbeln aus der genau dort zusammenfließenden Blies und Saar technisch unmöglich.

Gestern hat uns dann Pinto unseren Sprinter zurückgebracht und ich ihn gleich nach Sarreguemines ins Krankenhaus gefahren, weil er eine Thrombose hatte (vom langen Sitzen beim Autofahren, wie er vermutet), und auf der Rückfahrt nun diesen Hafen angeschaut, wo zufällig auch der Hafenmeister aus dem Hafen in der Saar beim Plausch saß und ein gutes Wort für uns einlegte, so dass der hiesige Hafenmeister noch ein bisschen hin- und hergeplant und einen Platz für uns freigemacht hat. Da sind wir gleich gestern noch bis hierher gefahren – nicht dass noch einer zuvor kommt…

Eines allerdings steht noch als mögliches Problem im Raum: Meine Vorhersage vom vorletzten Eintrag bezüglich der französischen Coronazahlen hat sich leider mit nur zwei Tage Verspätung bewahrheitet, Frankreich ist wieder im exponentiellen Wachstum, die Fallverdoppelungsrate liegt bei 7 Tagen, das heißt, wenn wir in zwei Wochen das Boot holen kommen (falls sich die Unwetterlage bis dahin beruhigt hat), werden die Inzidenz wieder bei 200 sein. Allerdings brauchen wir von hier aus keine 48 Stunden, um das Boot über die deutsche Grenze zu fahren, und die Verbote bzw. Quarantäneauflagen bei Einreise aus Risikogebieten waren ja zuletzt jedenfalls erst bei Aufenthalten von über 48 Stunden gültig. Zudem haben wir, nachdem uns vor drei Tagen das Saarbrücker Impfzentrum noch abgewiesen hatte, weil man im Saarland keine Schleswig-Holsteiner zweitimpft (!), haben wir vorgestern einen Impftermin bei einem Hausarzt in Saarbrücken für Montag bekommen. Das sollte uns dann evtl. ja auch von den Einreiseregelungen befreien. Dann bleibt nur noch zu hoffen, das nicht später in Deutschland neue Lockdowns mit Hafenschließungen uns noch irgendwo festnageln – denn auch Deutschland ist ja wieder im exponentiellen Wachstum, nur halt auf noch viel niedrigerem Niveau, aber mit einem R-Wert von fast 1,4. Die Nordhälfte Deutschlands sollten wir aber bis dahin erreicht haben, vorausgesetzt, dass nicht weitere Unwetter die Pegel von Mosel und Rhein hochhalten oder wieder hochtreiben.

Ja, die letzten zwei Wochen und erst recht die letzten vier Tage waren ein einziges Auf und Ab von neuen Problemen und sich oft mit viel Glück zufällig ergebenden Lösungen, somit ein ganz schön stressiges Gefühls-Auf und Ab. Die Sehnsucht nach etwas ruhigeren und ein wenig im Voraus planbaren Tagen wächst. Aber bei wem nicht…

Angesichts der aktuellen Flutbilder aus unserer nächsten und übernächsten Umgebung und den Corona-Bildern aus anderen Teilen der Welt geht es uns verdammt gut, wir sind für jeden Tag dankbar. Denn auch bei uns tauchen zwar immer neue Probleme perspektivisch auf, doch zu jedem folgt auch eine Lösung, und wir haben noch nicht ein einziges Problem akut durchleiden müssen.

Und auch Pinto ist gesund aus dem Krankenhaus zurück, er hatte eine Thrombose, aber die hatte sich bereits aufgelöst. Morgen bringen wir ihn nach Saarbrücken zum Flixbus und er kehrt zurück zu seinem Wohnsitz im Boot in Auxerre.