Auch die restliche Fahrt duch Frankreich verläuft problemlos. Niemand kontrolliert irgendwas, und die 400km Land- und Nationalstraße rollen sich entspannt ab. (Die frz. Autobahngebühren kennen leider nur vier Kategorien: Darin ist alles, was über 2m hoch ist, ein LKW, egal, wie groß, lang, schwer. Deshalb ist es mit Kleintransportern, Wohnmobilen usw. leider extrem teuer).
Ankunft Auxerre: Da liegt sie, die Elodie. Genau, wie wir sie verlassen haben. Nur der Wasserstand der Yonne ist ca. 40cm höher, da wir aber außen an einem größeren Schiff festgemacht sind, hat das nicht zu irgendwelchen Leinenproblemen geführt, die Festmacher sind ja mit aufgeschwommen.
Im Hafen beginnen auch andere Bootseigner gerade mit Saisonvorbereitungen, es ist aber noch sehr ruhig, ähnlich wie im Herbst.
Unser australischer Bootsnachbar bekommt sein Paket aus Deutschland, dass er wegen des teuren Portos nach Frankreich lieber zu uns hat schicken lassen, als klar war, dass wir losfahren würden, und ein Päckchen Lübecker Marzipan zum Dank für seinen Blick auf unser Boot, ausgehändigt, und berichtet ein bisschen vom Winter im Lockdown. Fazit: Es war nicht so schlimm, wie es klingt, aber es hätte Orte gegeben, an denen er lieber gewesen wäre. Wir denken im Stillen: Nichts verpasst und an einem solchen besseren Ort gewesen, nämlich in unserem neuen Haus mit – wenn auch manchmal sehnsüchtigem – Blick auf die vorbeigleitenden Schiffe.
Nun also ab auf’s und ins Boot… Was erwartet uns?
- Außenherum schon mal ein guter Eindruck – keine Roststellen vom Winterwetter, alles steht noch am Platz, an dem wir es hinterlassen hatten, Elodette hält auf der Badeplattform nach wie vor trotzig die Nase in den Himmel.
- Tür auf… Uns schlägt nur der vertraute angenehme Geruch entgegen, mit einer leichten Note frischer Farbe von der Lackierung des Treppengeländers, die wir beim Verlassen des Bootes noch vorgenommen hatten (sonst geht das ja nie…). Prima, also ist nirgendwo Nässe eingedrungen.
- Ein erster Blick in den „Keller“, den Motorraum… Auch hier alles prima, nichts scheint ausgelaufen oder eingedrungen. Lediglich unter einer Schlauchverbindung des Heizungsnetzes stehen so ca. 200ml Frostschutz-Wasser. Der Verlust hat wohl gereicht, um die Heizungsstörung auszulösen. Die Fehlermeldung war „Luft im System, nicht genug Wasser im Kreislauf“. Wir füllen das Netz wieder auf, entlüften den obersten Heizkörper und ziehen zwei tatsächlich recht lockere Schlauchschellen nach.
- Und da wir schon den Wasserschlauch liegen haben, füllen wir auch gleich den Wassertank auf, nachdem wir geprüft haben, dass das große Schwungrad des Wasserdruckwerkes leichtgängig dreht. Prima, der Tank füllt sich, nirgendwo kommt Wasser heraus, das Wasserwerk läuft an und wir haben Wasser an den Waschbecken und der Dusche.
- Ein erster Toilettenbesuch fördert ein erstes Problem zu Tage: Es wird zwar abgepumpt, aber kein Spülwasser eingepumpt. Nur klägliche Rinnsaale und eine Menge schwärzlicher Holzkrümel werden sichtbar. Und das, obwohl wir ja wenige Tage vor der Ankunft in Auxerre noch den Pumpenimpeller erneuert hatten, ein durchaus mühsames Unterfangen. Entweder ist er wieder kaputt, oder es hat sich aus dem Treibgut ein Ästchen hinaufsaugen lassen, dass nun in der Pumpenkammer klemmt. Dann wird der Impeller aber wohl davon auch kaputt sein… Das Problem schieben wir aber erst mal hinaus. Ein Wassereimer neben dem WC als Spülwasser ist ja nun kein so großer Komfortverlust…
- Die Ruderanlage – check.
- Landstromversorgung, 24V-Bordnetz, Anzeigeinstrumente: Check.
- Stromgenerator: Glüht vor, doch beim Drehen des Zündschlüssels auf „Start“ passiert nichts. Mist, Batterie leer? Er hat ja eine seperate, aber wir haben doch ein extra-Landstromladegerät eingebaut??
- Bord-W-LAN: Check. Drucker und Laptop loggen sich ein.
- Hafen-W-LAN und LTE-Datenroaming – check, wenn auch nach einiger Fummelei mit Zugängen, Passwörtern, SIM-Karten. Alles „ganz einfach“, wie man ja in der Vermarktung jedes neuen „Must-Have“s der Unterhaltungs- und Kommunikationsindustrie stets als erstes erfährt. Wichtig, da auf Maria noch einige Home-Office-Aufgaben warten.
- Und inzwischen ist mir auch wieder eingefallen: Den Zündschlüssel des Generators muss man ja beim Drehen auf „Start“ auch noch hineindrücken. Schon springt auch der zuverlässig an, das Kühlwasser sprudelt aus dem Auspuff, der Herd hat Strom. Check!
Mit diesen Arbeiten und einer Menge Einräumen – wohin nur mit all den Lebensmitteln, wir wollen ja in Frankreich diese riesigen Supermärkte voller dicht gedrängter Menschen meiden und haben deshalb Grundnahrungsmittel für vier Wochen eingekauft – lassen wir es für den Ankunftstag sehr zufrieden bewenden. Den Start der Hauptmaschine sparen wir uns für morgen, wir wollen vorher den Kühlwasserimpeller nachsehen.
Es ist auch in Auxerre zu kalt für die Jahreszeit, die Temperaturen gleichen denen zu Hause, doch die immer wieder durch die Wolken strahlende Abendsonne lockt uns für die erste Mahlzeit an Deck. Gut schmeckt’s, wie immer.
Der Blick geht hinüber an das Innenstadtufer, das dort von ein bisschen Parkanlage, einer verkehrsberuhigten Straße und dahinter Restaurants und Cafes gesäumt ist. Gestern war auch der erste Tag, an dem Frankreich die Außengastronomie wieder geöffnet hat, dementsprechend geht es recht munter zu, z.B. auf Deck des gegenüberliegenden Kulturschiffes, das dort eine Bar hat. Das fröhliche Leben erwacht aus dem Dornröschenschlaf.
Allerdings: Weder dort noch bei den in Gruppen die Uferanlagen bevölkernden Jugendlichen ist viel von Masken oder Abstand zu sehen. Hoffentlich verderben es sich die Franzosen nicht gleich wieder… Aufgrund der Ausgangssperre, die ebenfalls gestern auf 21 Uhr verlegt wurde, wird es dann gegen 22 Uhr tatsächlich auch weitgehend ruhig…
Auch die wirklich lästigen jungen Franzosen, die mit kreischenden Motorrädern mit 80 Sachen durch die auf 20km/h beschränkte verkehrsberuhigte Uferpromenadenstraße brettern, geben dann endlich Ruhe.
Gute Nacht!