Das Gute liegt so nah

Heute liegen wir immer noch VOR der Schleuse, HINTER der wir etwas nettere Liegeplätze gefunden hatten. Keine Sonntagsschleusungen also, warum auch immer.

Und doch hebt sich langsam die Stimmung: Während Maria sich einem Buch gewidmet hat, bin ich mit dem Fahrrad (das wir mit einem Tau die Kaimauer hochgezogen haben) bis zur nächsten und übernächsten Schleuse gefahren – das sind die beiden, an denen so fleißig gearbeitet wird. Wurde aber heute gar nicht, am Sonntag… Es sieht aber alles recht einsetzbar aus, jedenfalls für hiesige Verhältnisse. Wir sind also optimistisch, dass wir morgen los können, und da unter den wartenden Berufsschiffen auch etwas kürzere sind, besteht Hoffnung, das wir mit einem solchen mitschleusen können.

Nun gut, das mittlere Schleusentor, das für die verkürzte Kammernutzung, liegt noch an der Seite, ist aber auch nicht nötig. Und ja, die Baustelle ist völlig frei zugänglich, der Radweg führt mitten hindurch, und als wir dort zum Fotografieren herumlaufen, fährt ein offensichtlich umweltbewusster Anwohner in die Baustelle, um seinen Müll in den Container der Baustelle zu entsorgen.

Inzwischen haben sich hier auch noch vier weitere „Plaisanciers“ eingefunden, wie private Bootfahrer im französischen genannt werden, (passender als im Deutschen, wo wir „Sportbootfahrer“ sind, egal, wie viele oder weniger PS uns treiben), von denen drei auch nach Frankreich wollen, einer nach Le Havre, einer zum Canal du Midi, einer bloß nach Valenciennes – es ergeben sich einige interessante Gespräche, nicht nur über die Bootfahrerei, aber hierüber mit interessanten Informationen.

Hier bei uns liegen insgesamt drei Berufler und fünf Plaisanciers. Am anderen Ende der Sperrstrecke sehe ich bei meiner Fahrradrunde 11 Berufler und 1 Plaisancier. Die letzten werden die Schleusen wohl bis morgen Abend nicht schaffen, denn einmal rauf und runter dauert ca. 40min, und es passt immer nur ein Berufler in die Kammer.

Diw wichtigste Erkenntnis meiner Radtour aber ist: Mit jeder der drei nächsten Schleusen wird das Umfeld schöner, nach der letzten sogar richtig schön!! Vorbei der olle Betontrog, vorbei die durchgängige Bebauung mit dreckigem Gewerbe und Industrie. Und auch die Vermüllung nimmt ab, die Straßenränder weisen nur noch das auf, was man so üblicherweise während der Fahrt aus dem Autofenster wirft sowie nur noch ca. alle hundert Meter ein paar Hausmüllsäcke… Pardon, ich bin noch nicht ganz aus dem Zynismusmodus heraus.

So langsam kommt Vorfreude auf. Alle Boote hier werden morgen punkt 6:00 Uhr bereit sein, Wecker auf 5:00, um den irgendwann im Laufe des Tages erfolgenden Aufruf des Schleusenwärters über Funk ja nicht zu verpassen! Wenn die ganze neue Technik denn wir erwartet mitspielt – an der übernächsten Schleuse soll es noch „Probleme mit dem Wasser“ geben (Was ja für eine Schleuse eine recht allgemeine Formulierung ist. Auf meiner Fahrradrunde war aber nichts Problematisches zu erkennen, Wasser und Tore waren am richtigen Platz.

Warum die sonntäglichen Sportbootschleusungen ausgefallen sind, ist nicht nachvollziehbar, denn gearbeitet wird ja heute nicht an der Technik, wenn sie also morgen ab 6:00 bereit ist, ist sie es auch heute. Aber der Ratschluss von Wasser- und Schifffahrtsämtern ist auch in Deutschland nicht immer nachvollziehbar, jedoch auf keinen Fall zu hinterfragen…

Interessant ist, was sie da eigentlich an den drei Schleusen vor uns gebaut haben: Sie führen ja hinauf in einen Kanal. Kanäle, wenn sie denn über einen Scheitel führen, also hinauf und wieder hinab, verlieren aber bei jeder Schleusung etwas Wasser, was in Frankreich bei den zunehmend trockenen Sommern so manchen Kanal schon ab August unpassierbar macht. Hier nun haben sie große Wasserförderschnecken installiert, die das bei den Schleusungen verlorene Wasser wieder nach oben befördern.

Interessanter Weise liegen die Elektromotoren der Förderschnecken samt Lüftern und die ganze empfindliche Steuerung komplett im Freien. Vielleicht kommt ja irgendwann noch ein Häuschen drum herum? Ansonsten sehen wir hier gerade den in fünf bis zehn Jahren nächsten Schrott vor uns.

Wie auch immer: Bitte drückt uns weiter die Daumen, dass es morgen los geht!