Von Meer zu Meer

Los geht’s in die meistbefahrene Wasserstraße der Welt, den Nordostseekanal. Mit ca. 30.000 Schiffspassagen pro Jahr – der Panamakanal bringt es nur auf ca. 15.000. Er erspart den Schiffen ca. 550km und ist selbst knapp 100km lang. Da kommen schon mal bis zu 100to ersparten Schiffsdiesels zusammen, im Wert von ca. 13.000 Euro. Dafür sind dann ca. 6000 € Kanalgebühren für eine Passage fällig.

Da die Rechnung für die Reedereien durch die in Coronazeiten stark gesunkenen Dieselpreise anders ausgeht, fahren zurzeit deutlich weniger Schiffe im Kanal, die Politik steht kurz davor, die Passagepreise zu senken.

Angesichts der enormen Baukosten allein für die aktuellen Maßnahmen in den Schleusen an beiden Kanalenden, der Erweiterung der Oststrecke, der Erneuerung der Levensauer Hochbrücke und dem Neubau der Schwebefähre in Rendsburg, die kürzlich eine Schiffspassage übersehen hatte und vom Schiff gerammt wurde, glaube ich nicht, dass der NOK je wirtschaftlich zu betreiben ist.

Die Maßnahmen in Brunsbüttel (Bau einer fünften Schleusenkammer, um dann die beiden größeren grundsanieren zu können) werden wohl 1 Mrd. Euro erreichen (mehr als das dreifache der Planung), für den Ausbau der Oststrecke sind ähnliche Kosten absehbar, ca. 15 Mio waren für den Neubau der Schwebefähre geplant, und auch die Schleusenneubauten anstelle der wegen Verfall geschlossenen und derzeit mit Sand verfüllten „kleinen“ Schleusen in Kiel Holtenau wird in der Planung mit ca. 300Mio angegeben, wir also am Ende wiederum bei 1 Mrd. landen. 3 Mrd. Euro wollen erst mal verdient sein. Hoffen wir, dass die Bauwerke dann auch wieder 125 Jahre lang halten…

Apropos Einnahmen: Auch Sportboote müssen bezahlen. Für unsere 13m sind es derzeit 35 Euro je Passage. Vor einigen Jahren wurde von der Berufsgenossenschaft verboten, dass die Sportbootfahrer in den Schleusen die Leitern erklettern, um zu bezahlen. Es hat dann drei Jahre gedauert, bis der neue Automat in Kiel einsatzbereit war, bis dahin haben die Sportboote nichts bezahlt. In Brunsbüttel gibt es bis heute nur zufällig mal die Möglichkeit, zu bezahlen, wenn man nämlich auf der Binnenseite im kleinen Sportbootwartehafen übernachtet und dann auch noch „gelegentlich“ der Hafenmeister vorbeischaut.

Die Passage mit dem Sportboot macht jedenfalls viel Spaß, einfach weil es so viele unterschiedliche Schiffe zu sehen gibt. Wenn die Riesenschiffe dann in den Weichen den ebenso großen Gegenverkehr abwarten, und dazwischen auch noch die Kanalfähre hin und her fährt, kann es auch mal gefühlt etwas eng werden, insgesamt war unsere Fahrt aber recht entspannt.

In Rendsburg haben wir vier Tage „Pause“ gemacht. Zum Hafen fährt man an der Lürssen-Werft vorbei, bekannt für ihre Luxusyachten. Wir wurden nicht enttäuscht: Gerade lag dort die (nagelneu aussehende, aber schon zehn Jahre alte) Yacht des Emirs von Katar am Quai, es ist die 24st-größte Privatyacht der Welt. Sie heißt „Katar“…

Da weiß man das Geld doch gut angelegt, das den unteren 90% der Weltbevölkerung fehlt, oder?

Die Pause diente dazu, im Notartermin unser Haus für die „Zeit danach“ zu kaufen. Nun wissen wir, dass wir in einem Jahr Schleswig-Holsteiner werden. Eigentlich wollten wir das ja während der Reisezeit offen lassen, um gegen Ende zu suchen, aber dass wir zugreifen würden, wenn uns etwas wirklich tolles „vor die Füße fällt“, war auch klar. Und in Zeiten unsicheren Geldes ist eine Immobilie wohl auch besser als Geld auf der Bank… So sah es beim Vorbeifahren vor unserer Haustüre aus, genauer, vor unserem zukünftigen Schlafzimmerfenster:

Wir hoffen, dass wir dort nicht nur selbst schön wohnen werden, sondern auch ein paar Feriengäste und Radfahrer willkommen heißten können, so dass das Haus noch ein bisschen Einkommen erwirtschaftet. Immerhin ist auf dem NOK-Radweg in den Sommermonaten richtig was los, und „große-Pötte-Schau“ -Kurzurlaube sollten auch über die Sommersaison hinaus ihre Liebhaber finden.

Bis es so weit ist, werden wir aber auch nach unserer Reise noch viele Stunden/Tage/Wochen/Monate mit bauen und gestalten beschäftigt sein, also habt bitte Geduld.

Da der Hafen vor der Brunsbütteler Schleuse eigentlich zu klein ist, obwohl gerade dort viele Boote nicht nur eine Schleusung, sondern auch eine passende Tide draußen in der Elbe abwarten müssen, hat man etwas weiter vor dem Schleusenbereich noch einen sehr komfortablen Wartesteg, sogar mit kostenloser Stromversorgung, eingerichtet. Der wird etwa alle zwei Jahre erneuert. Bloß steht leider ein „Anlegen verboten“-Schild dran, damit ihn niemand benutzt. Ja, man wähnt sich im Lande der Schildbürger und wundert sich nicht, wenn Rechnungen nicht aufgehen. Da haben wir das mit dem AntoniQ irgendwie besser hingekriegt! Zum Glück. Wir haben an dem „verbotenen“ Steg gelegen – denn mit unseren 20to mag ich nicht in einem winzigen, vollgestopften Hafen an einem kleinen Plastiksegelboot in dritter Reihe festmachen. Per Telefon haben wir uns vom Schleusenmeister dann noch erklären zu lassen, dass wir uns, wenn uns jemand fragt, dumm stellen sollen… So hatten wir denn statt engen Gedränges wieder einen wunderschönen und kostenlosen Liegeplatz mit großartiger Aussicht.

Na dann gute Nacht!


2 Gedanken zu „Von Meer zu Meer

  1. Ist Schiffsdiesel wirklich so billig? Bei 100 t komme ich auf deutlich mehr als 13.000 Euro.

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    1. Ja und nein… Schiffe fahren ja in der Regel mit Schweröl, das kostet wirklich so wenig. Allerdings werden die Anforderungen an den Schwefelgehalt in den Schiffsabgasen in Nord- und Ostsee stetig höher, so dass die Schiffe, die keine (extrem teuren ung großen) Abgasreinigungen nachgerüstet haben, zunehmend auf normalen Diesel angewiesen sein. Da kommen dann ganz andere Preise heraus, das ist auch richtig.

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